Peter Heppner
Peter Heppner kommentiert die Stücke
seines Albums „solo“:
Track-by-Track
Peter Heppner kommentiert die Stücke
seines Albums „solo“:
1. Easy
„Easy“ ist einer der Songs auf „solo“,
die mir besonders wichtig sind. Er handelt von einer Sache, die mich oft
aufregt,
nämlich, dass es sich einige Menschen viel zu oft, viel zu
einfach machen. Sie wollen bestimmten Dingen aus dem
Weg
gehen, sich einfach nicht mit ihnen beschäftigen. Dabei ist es
ihnen gleich, welche Konsequenzen ihr Verhalten für Andere
hat …
2. Alleinesein
Mit dem Thema des Alleinseins wird sich in der Popmusik fast
ausschließlich auf negative Weise befasst. Es geht dann
um Einsamkeit, darum, wie schlimm und traurig es doch ist, allein
zu sein. Meine Erfahrung ist allerdings, dass in der
modernen Welt – gerade für diejenigen von uns, die in einer
großen Stadt leben – die Momente, in denen man für sich
sein und über seine Zeit selbst entscheiden kann, zu einem
besonderen Luxus geworden sind. Ich selbst ziehe mich gern
und auch mal sehr gezielt zurück; gerade wenn Entscheidungen zu
treffen sind. Ich bin natürlich nicht gern allein gelassen
oder gar einsam. Um mir jedoch Dinge
klar werden zu lassen bzw. über mich selbst und bestimmte Situationen
reflektieren zu können, bin ich am besten ganz für mich.
3. Suddenly
„Suddenly“ war einer der ersten Texte,
die ich für „solo“ fertig gestellt hatte; ein echter Wendepunkt und sehr
ermutigend
in Bezug auf die restlichen Arbeiten an der LP. Hier wurde mir
erst richtig klar, welche Kraft die Worte haben, wenn man
mit vollem Bewusstsein den geraden Weg geht und ganz direkt
formuliert.
4. Vorbei
Der Text klingt an vielen Stellen sehr endgültig und könnte deshalb
vielleicht missverstanden werden. Mir ging es aber
darum zu zeigen, wie der Augenblick aussieht, in dem man merkt,
dass eine Sache zu Ende ist. Zunächst scheint es oft
so zu sein, dass wirklich alles vorbei, jede Hoffnung
verschwunden sei; was aber längst nicht immer richtig ist …
5. Being Me
„Being Me“
ist eine Art Fortsetzungsgeschichte, der zweite Teil von „Dream
Of You“, das ich 2001 mit Schiller
geschrieben und aufgenommen hatte. Es ging darin um jemanden, der
einen anderen Menschen aus der Ferne begehrt
bzw. darauf wartet, endlich erhört zu werden. Dies trifft aber
niemals ein, weshalb er sich mit Träumen begnügen muss.
Bei „Being Me“
wiederum ist diese Person nach Jahren des Wartens und Leidens plötzlich erhört
worden. Als es nun zur
lang ersehnten Beziehung kommt, muss er allerdings feststellen,
dass die Seifenblase zerplatzt und es sich eben doch
nicht um die in der Fantasie ausgemalte, große Liebe handelt. Er
muss einsehen, dass er seine Existenz über sich selbst
zu definieren hat und nicht über die Anbetung bzw. eine Beziehung
zu jemand anderem. Trotz der Traurigkeit dieser
Erkenntnis empfinde ich sie – und damit die Nachricht des Songs,
dass man selbst derjenige ist, auf den man sich immer
verlassen muss und kann – als eine sehr positive.
6. I Hate You
Der letzte Song, der während der Aufnahmen in London von meinem
Produzenten Peter-John Vettese und mir für das
Album geschrieben wurde. Musikalisch handelt es sich fast schon
um das Klischee von 80er-Jahre-Synthiepop. So etwas
funktioniert jedoch gerade dann besonders gut, wenn man es mit
etwas komplett Anderem kontert. So habe ich hier
Elemente englischer Lieder aus den 20ern bzw. 30ern… so eine Art
Erzählgesang verwendet.
Für „Friede, Freude, Eierkuchen“- oder
„Wölkchen und Herzchen“-Texte bin ich noch nie zu
haben gewesen. Ich habe das
Musikmachen immer vielmehr als Möglichkeit begriffen, andere
Dinge zu hinterfragen. Gerade weil es schon so viele
Kollegen gibt, die über die Liebe
schreiben.
Ich empfinde Hass manchmal schon als eine sehr sinnvolle Sache.
Es gibt schließlich einige Leute, die sich den Hass
ihrer Mitmenschen redlich verdient haben. Diese Herrschaften
sollten das Gefühl durchaus zu spüren bekommen – schon
aus pädagogischer Hinsicht. Der Nachteil ist aber oft, dass der
Hassende sich dabei selbst verzehrt und damit noch
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doppelt bestraft. Das Klügste ist es, diese Gedanken möglichst bald wieder
herunterzufahren. Denn in den meisten Fällen
trifft man sich irgendwann noch einmal und bekommt dann die Möglichkeit
dem anderen zu zeigen, was man von ihm hält.
Wer sich in den Hass hineinbegibt, sollte dies mit einem kühlen
Kopf tun.
7. No Matter What It
Takes
Zu diesem Stück gibt es eigentlich nicht wahnsinnig viel zu
sagen, abgesehen davon, dass es das einzige Liebeslied auf
der Platte ist. Die hier beschriebene Beziehung ist natürlich
nicht gerade unkompliziert – wie das bei mir nun mal so ist,
wenn ich doch mal einen Text zu diesem Thema schreibe …
8. Walter
-
9. Wherever
Es gibt viele Leute, die glauben, dass wenn sie den Ort ändern,
an dem sie sich aufhalten, dieser sie selbst gleich mit
verändern würde. Das ist jedoch ein großer Irrtum. Wer sich nicht
selbst verändert, wird an einem anderen Ort immer
wieder auf die gleichen Probleme und Situationen stoßen, die er
oder sie auch zu Hause hatte. Wo auch immer du
hingehst, was auch immer du tust oder sagst: Du nimmst dich
selbst mit.
Musikalisch war und ist „Wherever“ für
mich eines der erstaunlichsten Lieder auf der Platte, da es einen gewissermaßen
überirdischen Eindruck macht. Es ist leicht sphärisch und nicht
so ganz von dieser Welt …
10. Das geht vorbei …
Hier geht es natürlich um Vergänglichkeit – ein zweischneidiges
Schwert. Einerseits hat sie natürlich eine negative
Komponente. Vergänglichkeit bedeutet, dass es letztlich nichts
gibt, auf das man sich ewig verlassen kann. Alles vergeht,
zerfällt irgendwann zu Staub. Das ist das Prinzip dieser Welt.
Auf der anderen Seite kann dies aber auch eine sehr
positive Botschaft sein, weil auch die unschönen Dinge irgendwann
vorbei sind. Auch Schmerz hört irgendwann auf. Die
Zeit heilt wirklich Wunden oder macht sie zumindest etwas
erträglicher. Eine für mich sehr interessante Ambivalenz, die
mich von Zeit zu Zeit sehr beschäftigt.