With Full Force XV - Roitzschjora, Flugplatz - 04.-06.07.2008

Dieses Jahr wurde bereits zum 15. Festivalgeburtstag geladen und wie schon in den Jahren zuvor war für viele Geschmäcker etwas dabei. Angefangen von modernen Metalklängen der Marke Machine Head über die bald nicht mehr existenten Industrialrockgötter Ministry bis hin zu NYCHC von Biohazzard und Rotzrock aus Schweden. Solche Szenegrößen zeigen auch den Status auf, den das Festival mittlerweile besitzt. Nicht nur die Headbanger der Republik schätzen die musikalische Mischung. So wurde für 2008 auch wenig bis gar nichts am gut funktionierenden Konzept der letzten Jahre geändert. Der reibungslose Verlauf des Festivals war denn auch die treffende Bestätigung für diese Entscheidung. Lediglich das Wetter war anfangs noch etwas durchwachsen und bediente ebenfalls alle erdenklichen Stilrichtungen zwischen Sonnenschein und Regenguss. Nachdem auf dem Zeltplatz alles soweit vorbereitet und die ersten Bierkonserven vernichtet waren, konnte es dann auch eigentlich losgehen.

Freitag, 4. Juli

Los geht das Festival zu bangeruntypischer Stunde mit dem melodischen Death Metal von Misery Speaks auf der Mainstage.Mit diesem Auftakt, rund um einen neuen Sänger, sind die ersten Halswirbel in Bewegung gebracht. Weiter geht es im Zelt mit War from a Harlots Mouth. Hier wird noch brutaler zu Werke gegangen, aber auch noch eine ganze ecke technischer. Mit dem frickeligen Death werden so auch einige Anwesende nicht ganz warm. Trotzdem bietet die Band eine engagierte Performance. Nachdem man dann von Drone noch einige Songs aufschnappen konnte, die zeigen, dass die Band durchaus Potential im modernen Thrash Metal besitzt, legen Meshuggah die nächste öffentliche Technikstunde auf die Bühne. Was hier geboten wird ist schon beeindruckend, wenn auch manchmal etwas zu viel des Guten, wenn man auf klare Songs steht. Der Sound ist hier absolut drückend, was die Songs zu kleinen Wänden erhebt. Danach geht es wieder in die Moderne und zwar mit Caliban. Die Band lockt mit ihrer Mischung aus cleanen und gegrowlten Vocals, so wie jeder Menge Riffing v.a jüngeres Publikum vor die Bühne. Dieses feiert die band denn auch entsprechend ab. Anschließend legen Die Apokalyptischen Reiter eine weitere Kostprobe ihrer Mischung aus stahlharten Riffs und poppigen Melodien vor. Diese Band verbreitet einfach gute Laune und kommt so auch blendend beim Publikum an. Genau wie der Schlauchboot-Crowdsurfing Wettbewerb, bei dem am Ende aber ein wenig der Überblick verloren geht und einer der Probanten irgendwo im Nirvana verschwindet. Im Zelt geben Cataract wieder Musik für Baggypantsträger zum Besten. Der Sound drückt wieder, der Menge gefällt es, doch auf der Hauptbühne warten Morbid Angel darauf alles niederzuwalzen. Leider erfüllt die band, die reichlich Klassiker im Repertoire hat, die Erwartungen nicht. So bleibt festzuhalten, dass Morbid Angel ihre besten tage wohl hinter sich haben. Allerdings sind nach den zahlreichen modernen Bands oldschool Metalattacken für die meist jüngeren Festivalbesucher doch etwas überraschend. Anschließend wird es zum ersten Mal an diesem Tag weniger metallisch. Mit dem ausgelassenen Oi und Ska von den Broilers und dem anschließenden oldschool NYCHC von Agnostic Front kommt erstmals Musik der etwas älteren Schule zum Zuge. Beide Bands können dabei vollauf überzeugen, wobei v.a. Agnostic Front beeindruckend tight zu Werke gehen. Hier reihen sich Klassiker und neue Songs zu einem mächtigen Gemisch zusammen. Danach geht es auf der Hauptbühne wieder moderner zu. Die Waliser von Bullet for my Valentine begeistern hier aber nicht nur die Jugend, sondern legen sich ordentlich ins Zeug. Für eine noch so neue Band ist die Position vor dem eigentlichen Headliner schon eine Auszeichnung. Allerdings kann die Band songtechnisch nicht durchweg überzeugen, kriegt aber am Ende dank wirklich heftiger Riffs reichlich Pommesgabeln zu sehen. Danach zeigen Machine Head jedoch, dass zwischen einer guten und einer richtig guten Band noch Welten liegen. Vom den ersten Songs, "Clenching The Fists Of Dissent","Imperium", an steht die Band einem förmlich im Gesicht. Rob Flynn beweist nicht nur eine gute Stimme, hinterlegt von einem fetten Sound, sondern auch eine charismatische Ausstrahlung als Sänger. Die Setlist ist auch im weiteren Konzertverlauf absolut überzeugend. Als Sahnehäupchen gibt es dann noch den Iron Maiden Klassiker "Hallowed be thy name" obendrauf. Damit endet der erste Festivaltag mit einem Highlight. Die anschließende Knüppelnacht kann man sich so auch schenken und mit ein paar weiteren Bieren die Nacht mit einigen weiteren Metalheads auf dem Zeltplatz verbringen. Am Samstag stehen ja immerhin auch noch einige Hochkaräter an.

Samstag, 5. Juli

Der Samstag beginnt mit Fall of Serenity im Zelt. Nachdem man sich A.O.K. geflissentlich schenkt, bollert die Thüringer Band einen erstmal wach. Nicht wirklich großartig, aber spätestens bei "Raining Blood" ist man dann fit für den Tag. Mit Illdisposed und Job for a Cowboy geht es danach ziemlich hart weiter. Es gibt bei beiden Bands mächtig auf die Ohren. Doch nach dreimal fetten Metalgitarren dürstet einen doch nach etwas Abwechslung. So werden Converge dann auch außen vor gelassen und man widmet sich dem Gig der Schweden von Entombed. Zwar wird auch hier technischer Metal geboten, aber die teilweise rockigen Strukturen lockern den Sound wohlwollend auf. Zwischen anspruchsvollen Gitarrenriffs und Härte gibt es hier auch wuchtige Grooves. Trotzdem scheint die stilistische Mischung der Band beim Publikum auf wenig Resonanz zu stoßen. Ganz anders dagegen die Resonanzen auf Devildriver. Der ehemalige Coal Chamber Fronter Dez Fafara und seine Mannen erzeugen dermaßen Druck, dass es vor der Bühne mächtig abgeht. Hier tobt der Mob und Devildriver haben sichtlich Spaß daran. Bevor man sich mit Six Feet Under den wohl am böse groovensten Death Metal gibt, schaut man noch mal kurz bei Heaven Shall Burn vorbei. Nach Devildriver bieten sie zwar auch eine energiegeladene Performance, die auch beim, hier wieder recht jungen Publikum, gut ankommt, können aber nicht lange fesseln. Chris Barnes ruft oder besser grunzt zum Schlachtfest. Six Feet Under boten nun nicht gerade eine umwerfende Liveshow, doch spieltechnisch waren sie ziemlich gut, tight und druckvoll. Neben bekanntem Material boten wurde auch ein Vorgeschmack auf Neues geboten. Das Publikum nahm es dankbar an und erfreute sich zum Abschluss an einer bösen Version des AC/DC Klassikers "TNT". Danach folgt der Abschied einer Legende: Ministry! Und was für ein Abschied. Meister Al und seine Sidekicks zertrümmern auch die letzten Nackenwirbel. Für reine Metaller und die Kiddies zwar nicht die Musik, dafür sieht man viele ältere Semester, die mit Klassikern wie "NWO" oder "just one fix" wirklich etwas anfangen können. Der Sound ist fett, die Band tight wie ein Entenarsch und die Songauswahl brillant. Neue Songs wie "Rio grande blood" werden ebenso abgefeiert wie alte Klassiker. Bleibt festzuhalten, dass man hier eine würdigen Abschied gesehen hat. In Flames bieten dann zum Tagesausklang noch mal moderneren und technisch hochwertigen Melodic Death Metal. Mittlerweile gehört die Band zu den Großen, was mit einer fetten Light- und Pyroshow untermalt wird. Trotzdem scheint das Publikum nach einem langen tag etwas müde. Die Band legt sich dennoch ins Zeug und so bleibt im Endeffekt ein guter Gig in Erinnerung.

Sonntag, 6. Juli

Am Sonntag wird man von der Mamboorgel geweckt. Auch in diesem Jahr ist der Fabulöse Mambo Kurt, extra fürs Force in Begleitung der Bossa Babes, auf seiner Mission, Heimorgelmusik und Tanz unter den Metalheads zu verbreiten. Ob Bossanova (Rammstein), Walzer (Metallica), Rumba (AC/DC) oder sogar Slayer (Reign In Blood), nichts ist vor Mambo Kurt sicher. Wer schon immer mal eine Polonaise auf einem Open Air Festival sehen wollte, der kommt an den 1982 in Nordrhein-Westfalen als bester Heimorgelspieler in der Altersklasse bis 14 Jahre gekürten Alleinunterhalter nicht vorbei. Mit Enemy of the Sun folgt danach die neue Band von Waldemar Sorychta. Leider sind auf Grund des Mambogeorgels nicht viel Leute vor der Bühne. Die Band verausgabt sich auch nicht gerade, was bei brütender Hitze auch verständlich ist. Sänger Jules Neväri war aber wirklich gut drauf. Was danach mit Volbeat folgt, kann man nur als Statement in Sachen Rock 'n' Roll verstehen. Die Band rockt was das zeug hält und hat dazu noch überragende Songs im Gepäck. Die Stimme vom sympatischen Frontmann Michael Poulsen ist eine Macht. Diese Band hat Kultcharakter. Ihre Songs als eingängig zu bezeichnen wäre wohl noch etwas untertrieben. Irre Singalongs, sowie treibende Rhytmen lassen jeden Auftritt der Band zum Genuss werden. Hier passt einfach alles, von balladesken Klängen, bishin zum Cashartigen "Sad man's tongue". Definitiv ein weiteres Highlight des Festivals. The Exploited boten nach Hörensagen einen guten Gig mit reichlich Rotz und Bewegung vor der Bühne. J.B.O. konnte man sich schenken, da die Band scheinbar ständig spielt und man irgendwann sogar die Gags langweilig findet. Etwas weniger kann manchmal eben auch mehr sein. Danach wirken Life of Agony doch etwas harmlos. Keith Caputo gibt sich zwar als Exzentriker und hat eine individuelle Stimme, doch wirklich rocken tut das Ganze zu selten. Avenged Sevenfold bringen danach wieder Metal auf die Bretter. Irgendwo zwischen old- und newschool werden hier Nackenwirbel in Bewegung gebracht. Die Band selbst hat sichtlich Spaß, dem Publikum gefällt es auch und so gerät der Auftritt zu einer kurzweiligen Angelegenheit. Bevor man dann zum ersten mal seit dem Sepultura Split 1996 die beiden Cavalera Brüder zusammen auf einer Bühne sehen konnte, gab es erstmal wieder Hardcore aus Brooklyn. Biohazzard groovten sich durch ein Set, das die ganze Bandgeschichte enthielt. Hier konnten gar keine negativen Einschübe aufkommen. Die Band überzeugte auf der ganzen Linie. Schon ziemlich müde und ausgepumpt nahm man dann in Augenschein, was Igor und Max zeigen würden. Und was sie zeigten war klasse. Nicht nur die guten Songs des Cavalera Conspiracy Albums, sondern auch einige Sepultura Einschübe gab es auf die Ohren. Diese kamen natürlich beim Publikum bestens an und nährten bei einigen schon hoffnungsvolle Gerüchte auf eine Reunion. The Last Supper fiel dann aus, weil die Erschöpfung nach drei Festivaltagen doch langsam Überhand nahm. So endet ein sehr modern ausgerichtetes Festival erschöpft aber glücklich.