OFT Festival 2008



Wegen beruflicher Verpflichtungen konnte es erst Freitagnachmittag Richtung Gräfenhainichen losgehen. Nach dem obligatorischen Zeltaufbau ging's dann auch schon zügig RichtungFestivalgelände. Schon von weitem ließ sich vernehmen was die Uhr vorher bereits sagte. PRO PAIN, einer meiner Hauptgründe das OFT dieses Jahr zu besuchen spielten bereits die letzten Songs. Nach dem Organisatorischen am Einlass hörte ich noch das "Good Bye" der Band, aber es gab ja noch ein bisschen was zu auf die Ohren. SUBWAY TO SALLY hatten vor der Mainstage natürlich volles Haus. Und auch wenn ihre Musik nicht unbedingt mein Ding ist, hervorragende Musiker sind sie durch die Bank definitiv. Hier konnte man sehen was eine professionelle Show ausmacht. Klasse Sound, ordentlich Bewegung auf der Bühne und Eric Fish als Mitreißer vorn dran. Auch wenn das Set kurz unterbrochen wurde um zwei sich vor der Bühne prügelnde über die Hirnlosigkeit ihres Treibens aufzuklären ging das BackToBusiness für meine Begriffe danach ein klein wenig schnell um der Band eine ehrliche Besorgtheit abkaufen zu können. Die komplette Show konnte ich mir nicht anschauen, da es eine zeitliche Überschneidung gab mit einer Band, deren Performance ich mir wegen mehrerer Empfehlungen nicht entgehen lassen wollte. Also auf zur OFT-Stage und Vorhang auf für 9mm.

Ihre Musik betitelt die Band als "Assi Rock'n'Roll". Der Name ist Programm. Hier spürt man die ehrliche Energie die diese Jungs vorwärts treibt. Pure Aggression gepaart mit großem Durst scheinen hier die Triebfedern des Songwriting zu sein. Doch wer jetzt simple 3-Akkord-Songs erwartet sieht sich getäuscht. Das Drum prügelt die beiden sich gut ergänzenden Gitarren und den das ganze rund machenden Bass durch die ganze Performance. Der extrem hohe Mitsingfaktor der Kompositionen wird zusammen mit einer bemerkenswerten Textfestigkeit des Publikums an diesem Abend zu einer brodelnden Mischung, die so manchen Pogo in den vorderen Rängen ausbrechen lässt. Und die einigen wenigen die sie bis dahin noch nicht auf ihrer Seite haben, sind spätestens als der Onkelz-Song "Dick und durstig" angestimmt wird am Gröhlen. Wo andere Bands einen Singalong starten ruft der Sänger hier mit seiner Whiskyschwangeren Stimme "Wer von Euch fickt gern?". Das eindeutige Votum des Publikums wird sortiert nach Geschlecht gleich noch einmal eingefordert. Sehr unterhaltsam und originell wie ich zugeben muss. Die einzige Sache die ich persönlich ein wenig zwiespältig sehe ist das Ding mit dem 15jährigen Drummer. Einerseits ziehe ich meinen Hut vor der technischen Perfektion die Bommel da am Schlagzeug abliefert, in diesem Alter eine definitive Ausnahmeerscheinung. Andererseits ritt mir die Band bei ihren Ansagen zwischen den Songs ein klein wenig zu sehr auf dem Altersding rum. Die Pause bis zum zweiten meiner Highlights an diesem Wochenende vertreiben wir uns mit einer Inspektion des Festivalgeländes samt Bier- und Verpflegungsständen und dann geht's auf zur Mainstage. Nicht erst seit ihrem letzten Hammeralbum "Moonlight City" sind PSYCHOPUNCH (für mich) eine feste Institution in Sachen Punk'n'Roll. Was hier an melodischem Songwriting geboten wird sucht nicht nur ihresgleichen, sondern ist darüber hinaus auch extrem intelligent angelegt. Da passt einfach jeder Akkord. Stimmige Riffs unterlegen mehrstimmigen Gesang und trotz Melodie kommt das alles auch noch extrem druckvoll rüber. Leider hat JM an diesem Abend offensichtlich einige technische Probleme, den kompletten Mittelteil ihrer Show steigt sein Gitarrenverstärker immer wieder aus. Das läßt leider nicht nur einen großen Teil der musikalischen Ideen hinter den Songs ein wenig verschwimmen, man merkt auch die Anspannung die JM's sonst so ungehemmte Spielfreude und Bühnenpräsenz ein wenig ausbremst. Es kann sein dass nur ich das so sehe, aber für mich wirkten die Jungs auf der großen Mainstage ein klein wenig verloren. Nicht dass sie nicht das Format haben um eine große Bühne bespielen zu können, aber diese Band wirkt in der Kompaktheit eines Clubs oder in diesem Fall vielleicht der Orangeriebühne einfach viel besser. Und an diesem Abend kommt noch ein anderes Problem dazu, zu Beginn der Show von Psychopunch stehen vielleicht 40 Mann vor der Bühne was sich im Laufe des Gigs zwar bessert, aber ein wenig mehr als zu besten Zeiten mal 100 Zuhörern hätte die Band in diesem Rahmen schon verdient. Hier sollte der Veranstalter vielleicht einmal das Konzept der sich zeitlich überschneidenden Auftritte überdenken. Andere Festivals organisieren das auch so, aber das OFT hat meiner Meinung nach noch nicht genug Publikum um teilweise 3 parallel spielenden Bands genug Zuhörer sichern zu können. Aber das ist nur meine Meinung. Nach dem obligatorischen Boxenstopp am Bierstand auf in die Orangerie. Dort gibt es gerade noch die letzten beiden Songs der Band SKAPANSKA. Dieser Band fehlte es mir für eine Skaband einfach an Kompaktheit und Druck. Alles klang enorm dünn. Aber das soll keine Qualitätseinschätzung darstellen da ich einerseits zu wenig ihrer Show sehen konnte und andererseits bereits von anderen Festivalbesuchern der Sound in der Orangerie allgemein als schlecht eingeschätzt wurde. Fakt ist für mich dass die Bläserfraktion hier weniger der Musik dienlich als eher nur schmückendes Beiwerk war. Aber es wartet an diesem Abend noch ein persönliches Highlight. Auch wenn ich die Jungs schon oft live gesehen habe, aber die CRUSHING CASPARS blasen mich immer auf's Neue weg. Und so gibt's auch direkt mit den ersten Tönen ordentlich auf die Glocke. Hier wird nicht lange gefackelt sondern direkt die große Harke ausgepackt. Eine perfekte Bühnenshow der man die unzähligen Gigs der Band anmerkt gepaart mit einem super fetten Sound (plötzlich geht's auch in der Orangerie …) machen diesen Knochenbrecher von Core'n'Roll zu einem Liveerlebnis der Extraklasse. Es braucht zwar ein paar Songs bis die (leider) wenig übrig Gebliebenen warm sind aber es kommt später sogar ein Circle Pit zustande. Die Shoutalongs ("Hey ho, let's go" vs. "A.C.A.B."), das Ausloben eines Preises für den standfestesten CirclePit-Teilnehmer, alles lieb gewonnene Eckpfeiler eines Programms das auch ohne diese Gimmicks einfach zu überzeugen weiß. Hier können sich so manche Bands noch eine dicke Scheibe abschneiden, da stimmt einfach alles. Von einer perfekten Bühnenshow (man möchte sie fast choreographiert nennen) über klasse aufeinander abstimmte Instrumentensounds bis hin zum kompakten und perfekt zum Stil der Band passenden Songwriting. Wer sich ein wenig für diese Musik begeistern kann dem seien auch zukünftige Shows der Jungs wärmstens an's Herz gelegt. Viva la Rostock (auch wenn es erst eine Zugabe war). Auf dem Rückweg zu unserem Nachtlager sammelten wir einen Betrunkenen auf, den wir wegen der auf gefühlte 0 Grad gefallene Temperatur nicht auf dem Weg liegen lassen wollten. An der Einfahrt zum Campingplatz fragten wir die anwesende Security ob sie einen Krankenwagen rufen können und aufpassen könnten dass dem extrem alkoholisierten Zeitgenossen nichts passiert. Leider fühlten sich die Sicherheitskräfte für derartige Dinge nicht zuständig sodaß wir selbst den Krankenwagen riefen. Ein klein wenig mehr Engagement hätte ich mir von Menschen die dafür bezahlt werden für die "Sicherheit" der Besucher zu sorgen schon erhofft.

Da wir Freitag wegen eines knappen Zeitplans und dem hastigen Entern des Festivalgeländes nicht dazu gekommen waren, stand ein großer Teil des Samstags im Zeichen der Kontaktaufnahme und - pflege mit unseren Nachbarn auf dem Zeltplatz. Erfahrungsgemäß beginnen diese schönen OpenAir- Gepflogenheiten mit dem Anbieten eines Sitzplatzes zwecks Bier- und Erfahrungsaustauschs und enden mit einem Totalabsturz. Diesem entgingen wir nur knapp. Generell trafen wir viele partyfreudige und verrückte Menschen und ich muss den Zeitgenossen die über rechte Hohlköpfe auf dem OFT zu berichten wissen sagen dass ich keinen einzigen gesehen habe. Lediglich beim sich heftigen Bewegen vor der Bühne gab es einige die es offensichtlich ein paar Grad härter wollten als der große Rest (OTon: "sturzbesoffene Proleten die sich unter aller Sau benehmen") und die damit auch das ansonsten lustige Beisammen ein wenig störten, besonders da sie auch nach mehreren Aufforderungen einen Gang zurückzuschalten dazu offensichtlich nicht bereit waren. Aber hier von einem rechten Hintergrund zu sprechen wäre absolut unzutreffend und haltlos. Genau wie ich zwar an beiden Tagen öfters Störenfriede erlebt habe aber von einer allgemeinen aggressiven Grundstimmung zu reden halte ich an dieser Stelle für übertrieben.

Da am Samstag Discipline ein klein wenig früh für meine Begriffe spielten und The Grit ausfielen ging's erst recht spät Richtung Festivalgelände. Auch wenn ich persönlich mit der Musik von FREI.WILD nicht allzu viel anfangen kann ging's bei den Jungs ordentlich zur Sache. Ein sehr gut gefüllter Platz vor der Mainstage mit begeisterten Zuhörern ließen trotz weiter gefallener Temperaturen ordentlich OpenAir-Feeling aufkommen. Kurze Stippvisiten bei TRABIREITER und PLANLOS konnten mich persönlich auch nicht wirklich überzeugen aber auch das möchte ich auf persönliche Geschmäcker zurückführen.

Insgesamt muss ich als NichtOnkelzFan sagen dass ich extrem positiv überrascht war nicht an jeder Ecke mit einer Onkelz-Coverband "beglückt" zu werden. Sicher werden das die Onkelz-Fans ein wenig anders sehen. Aber da sich die Veranstalter auf die Fahnen geschrieben haben ein Onkelz-Fan-Treffen veranstalten zu wollen das bunt und offen für alle Musikrichtungen und - Geschmäcker ist, dann muss man ihnen definitiv ein gutes Zeugnis für das Gebotene ausstellen. Von anfangs einer Handvoll Leute auf dem Ferropolis-Parkplatz bis zu einem Open Air dieser Größenordnung ist ihnen mittlerweile der Spagat zwischen Onkelz-Kult (mit den selbstverständlich wünschenswerten Auftritten von Coverbands oder Bands aus dem Onkelz-Umfeld) und einem breiten LineUp anderer hörenswerter nationaler und internationaler Bands gut geglückt. Über kleinere Mängel wie das Problem der sich zeitlich überschneidenden Bands lässt sich trefflich diskutieren. Vielleicht sollte der Veranstalter in Erwägung ziehen diese oder ähnliche Fragen die Besucher demokratisch entscheiden zu lassen und um beim Beispiel zu bleiben vielleicht einen Festivaltag mehr zu planen. Weniger Bands spielen zu lassen wäre um weiterhin eine solche Vielfalt bieten zu können der falsche Weg. Auch das Problem des späten Termins des OFT im Jahr und den damit einhergehenden niedrigen Temperaturen sollte eventuell überdacht werden.

Mein Resümee: Klasse Wochenende mit guten Bands und abgesehen von ein paar Spinnern netten Leuten. Hoher Unterhaltungsfaktor sicher auch nächstes Jahr !