M'era Luna 2008
9.-10. August 2008 Hildesheim/Drispenstedt
Endlich war es wieder soweit. Am 9.August öffneten sich die Tore für das 9. M'era Luna Festival.
Anfang der Jahrtausendwende wurde das legendäre Zillo-Festival endgültig vom M'era Luna abgelöst
und lockt seit dem Jahr für Jahr mehr als 20.000 Fans der Wave-, Gothic-, Mittelalter- und
Darkelectro - Szene nach Hildesheim. Ca. 40 Bands aus den verschiedenen Genres bieten ein
umfangreiches Programm. Dementsprechend formt sich ein Publikum aus schwarz-bunten Elektro-
Anhängern, melancholischer Eleganz, gepaart mit Lack und Leder und dazwischen ganz viel nackter
Haut. Auch kommen dieses Jahr die Freunde des Mittelalterrocks voll auf ihre Kosten, da erstmals
ein Mittelalter-Markt mit Gauklern, Kunsthandwerkern, Taverne, Shishazelt und
"Erlebnisgastronomie" ;-) aufgebaut wurde. Nach Meinungen vieler eine gelungene Alternative zu
Chinafood und Döner und den üblichen Händlerständen. Da der Markt auch sonst auf regen Zuspruch
gestoßen ist, ist eine Erweiterung im nächsten Jahr in Planung.
Bereits Freitag strömten die meisten der Besucher auf das ca. 45 h große Flugplatzgelände, so
dass zum Abend der Zeltplatz bereits vollständig gefüllt war. Nach erfolgreicher Einrichtung der
Schlafunterkünfte und Aufbau der eigenen Zeltstadt konnte man sich gleich in Partygetümmel der
Hangar-Disko stürzen. Leider zahlt man hier nach wie vor extra Eintritt. Gleich 6 Djs stimmten
an diesem Abend die Besucher auf ein 2-tägiges Musikspektakel ein. Unter anderem beschallte
Ronan Harris von VNV-Nation, hauptsächlich mit Future-Pop und Ebm den Saal. Allerdings muss ich
hier ein wenig Kritik loswerden, da der Sound meiner Meinung nach ein wenig zu leise war und man
beim Tanzen seine eigenen Schuhe auf dem Boden scharren hörte. Vielleicht ist es aber auch
einfach nix für Gehörgeschädigte wie mich ;-) Zum Zweiten versetzten mich die Getränkepreise
kurzfristig in einen Schockzustand, wobei dies für das gesamte Festivalgelände gilt. Natürlich
ist klar, dass man dies in Kauf nimmt und einfach zahlt...auch wenn's weh tut. Letztendlich war
eine super Stimmung und auch das angenehme Klima im DJ Hangar machte das Feiern leicht. Wer nicht
viel von Dauer-elektronic und meist eintönigen Beats hält konnte den Abend tanzend auf dem
Rollfeld, bei der von einer größeren Zeltplatztruppe privat initiierten Party, verbringen oder
einfach mit dem Zeltnachbar ein Feierabend-Bierchen trinken. So schön wie der Freitagabend mit
Sonnenröte endete begann der Samstag. Gleich 50 Dänen mit eigenem Reisebus begrüßen uns am
morgen mit Touburg Bier. Eine 25-jährige Dänin erzählt mit Begeisterung warum Sie ausgerechnet
die weite Reise nach Deutschland Jahr für Jahr auf sich nimmt um zu feiern. Die Szene in
Dänemark, selbst in Kopenhagen, ist einfach nicht die gleiche. Die Menschen dort können sich
nicht so "gehen lassen" wie die Deutschen. Veranstaltungen aus der schwarzen Szene finden nicht
öfter als 3-mal im Jahr statt. Zudem lobt Sie die deutsche Offenheit gegenüber Fremden und die
ausgelassene Stimmung auf dem Festival.
Nach ausgeprägten "Grillfrühstück" ging es dann endlich erstmal auf das Festival Gelände.
Der Vormittag begann auf der Main Stage mit träumerischen, aber dennoch wuchtigen Gothic-Metal
von Delain und Elis. Delain, gegründet vom Ex- Keyboarder der bekannteren Within Temptation,
überzeugten das Publikum mit einer sehr kraftvollen Performance.
Ab 13.00 Uhr konnte man Lucas Lanthier auf seinen Pumps über die Hangar Stage schweben sehn.
Cinema Strange bieten auch diesmal wieder eine sehr skurrile Bühnenshow und finden nach und nach
immer mehr Anhänger bei uns. Nach dem Auftritt traf man Lucas im Publikum wieder, was vielen die
Chance auf ein Foto oder Autogramm bot und den Amerikaner umso sympathischer machte. Zwar war
die Halle auch bei den Auftritten von Christian Death, Klimt1918 und Frank the Baptist noch
nicht ganz gefüllt, dennoch erfüllten alle die Erwartungen der Fans. Vermutlich war die
Konkurrenz auf der Main Stage mit dem doch sehr schönen Wetter einfach zu groß. Die meisten
stürzten sich ins Tanzwutgerangel. Die Masse rockte. So hatten es Unheilig und ASP nicht
sonderlich schwer dies fortzuführen. Für den Graf war es ein ganz besonderer Tag, da Unheilig
zum ersten Mal auf der großen Festival Bühne stehen durften und bedankte sich dementsprechend
großherzig und ehrlich bei den Fans. Der Auftritt war definitiv gelungen. Auch ASP bewiesen
später das auch sie Gänsehaut in einer große Masse verbreiten können und spätestens bei "Ich
will brennen" kochte der Kessel im wahrsten Sinne des Wortes über.
Währenddessen gab in der Halle etwas für das Metal-Herz. Die sympathischen Schweizer Samael
lieferten wie immer eine professionelle Show aus sehr individuellen Stil und viel Power. Sehr
herausragend waren Fernando und seine Mannen von Moonspell, welche einen traumhaften Gig voller
Energie und Überzeugung hinlegten. Eine Mischung älterer Moonspell Klassiker und neuer sehr
guter Songs ließen die Halle toben. Saugeil! Überraschenderweise brachten ausgerechnet die
metallastigen Bands die Halle an diesen Abend zum platzen.
Nur zwei Bands konnten das alles noch toppen. VNV Nation und Front 242 setzten das Publikum vor
der Main Stage voll unter Strom. Das Volk tanzte in den Sonnenuntergang und feierte ihre
größten Hits. Eine Hommage an zwei der größten Bands des elektronischen Genres.
Voll zufrieden stürzten sich dann alle in den Feierabend um gemütlich zusammen zu sitzen oder
in der Hangar Disko noch mal Vollgas zu geben.
Der Sonntag begann unter grauen Nebel und es schien als wenn es gar nicht mehr auf hören wollte
zu regnen. Als dieser sich endlich ein wenig beruhigt hatte kam auch die Feierlaune wieder auf
und man schlenderte im schützenden Ledermantel los um nicht noch mehr Bands zu verpassen.
So bekam ich wenigstens noch den Rest von The Vision Bleak auf der Main Stage zusehen, welcher
ich mir aber lieber in dunkler schauriger Club-Atmosphäre anschaue.
Gegen 16.00 Uhr hieß es erstmal einen guten Platz vor der Hangar Stage sichern, da das Programm
wenig Luft und Sicht versprach. Schon ab Agonoize war es kaum möglich hinein oder heraus
zukommen. Und das lag sicher nicht nur am schlechten Wetter. Die Berliner knallten voll rein
und legten mächtig vor. Weiter ging es mit Eisbrecher, Combichrist und Hocico. Eisbrecher
präsentierten ihr neues Album aus einer wirklich gelungenen Mischung von brachialer,
gitarrenlastiger und dennoch sehr elektronisch geprägter Musik. Die sehr aggressive Darbietung
von Dirty Andy (Combichrist) zog die Menge mit und ließ niemanden mehr still stehen. Langsam
ahnte man auch welche Ausmaße das ganze annahm. Am Hangar Ein- bzw. Ausgang brach beinah alles
zusammen. Mittlerweile hatte der Veranstalter dort Trenngitter aufgestellt um die Masse
wenigstens ein bisschen zu ordnen. Dann endlich war es soweit... mein persönliches Highlight
für diesen Tag: Die kleinen Mexikaner von Hocico begannen Ihre Show mit einem beeindruckenden
Intro. Zwei Tänzer und ein Trommler mit prächtigem Azteken-Kopfschmuck zogen die Fans in ihren
Bann. Spätestens jetzt muss sich das Gedrängel und die Enge gelohnt haben. Eine Stunde lang
druckvoller und mitreißender Industrial. Die neue LP hat bereits viel versprochen.
Andere genossen währenddessen mit viel mehr Bewegungsfreiheit Apoptygma Berzerk. Der sehr
professionelle Auftritt überzeugte, wie einige sagten, alte und auch neue Fans. Der Stil der
Norweger hat sich in den letzten Jahren ein wenig vom Future Pop weg zu mehr Gitarre bewegt.
Dennoch erhalten sie sich ihre eigene persönliche Note.
Das Mera Luna endet an diesem Abend mit den schon Jahre bestehenden und immer wieder
auferstandenen Kultbands New Model Army und Fields of the Nephilim. Sie verabschiedeten die
dankbaren Besucher mit alten Klassikern und neueren Songs. Die unvergleichbare Klangwelt der
Fields of the Nephilim passte zur eher ruhigen Abschiedsstimmung und bereits gegen 22.00 Uhr
war alles vorbei.
Ein Teil des Zeltplatzes war zu dieser Zeit bereits wie leer gefegt. Aber ganz war die Party
noch nicht aus. Bis zum Morgengrauen tanzten die Leute auf dem Rollfeld vor dem Disko-Zelt bis
sie die Kräfte endgültig verließen.
So angenehm ausgeglichen und entspannt die Menschen wirkten, gab es dennoch Zwischenfälle.
Mehrmals musste der Krankenwagen auf Grund hohem Alkohol- und Drogenmissbrauchs anrücken.
Dennoch ist sehr beeindruckend, wie eine solch große Menschenmasse ohne große Probleme
miteinander Spaß haben und feiern kann.
Viel zu kritisieren gibt es nicht. Das einzige was man bessern sollte ist die Hygiene der
Dixi-Toiletten, die den Eindruck machten nicht oft gesäubert wurden zu sein. Hingegen war
die aufgestellten festen Toiletten Häuser ein absoluter Pluspunkt was zumindest die Hygiene
auf dem Zeltplatz unheimlich erleichterte.
Zusammenfassend lässt sich sagen die Veranstalter bieten ein komplett gut durchorganisiertes
M'era Luna und jedes Jahr ein klasse Line Up, welches viele verschiedene Geschmäcker bedient.
Die Vorfreue auf den nächsten Festival -Sommer ist jetzt schon groß.